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Sehnsucht: Aussteigen

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  • Beitrag veröffentlicht:12. Januar 2020
  • Beitrags-Kategorie:Allgemein

Seit ich in die ersten Phasen der Menopause (vor 10 Jahren) eingetreten bin, habe ich ständig das Bedürfnis auszusteigen. Dieses Bedürfnis ist oft so stark, dass ich am liebsten sofort meine Sachen packen würde und losgehen wollte. Durch unsere gesellschaftlichen starren Muster, Zwänge und die Angstmacher, habe ich es noch nicht wirklich geschafft, diesen Schritt zu gehen. Ich lebe zurückgezogen und das jetzt schon seit 10 Jahren mal mehr und mal weniger, nur dass ich noch finanziell an dieses System gekoppelt bin, aber ich sehne mich so sehr danach mich völlig zu befreien und autark zu leben. Ich schaue mit ständig die Aussteiger Vlogs auf YouTube an und sauge sie regelrecht in mich auf. Als ich gestern in meinem Buch das Kapitel Mädchen, Mutter, Alte schrieb ist mir der Grund, wonach ich mich sehne, wie Schuppen von den Augen gefallen. Hier der Abschnitt aus meinem Buch:

….Im Leben einer Frau sind alle Phasen/Trinitäten wichtig und sollten bewusst durchlebt werden (Jungfrau, Mutter, Alte). Wenn die Phasen des Mädchens und der Mutter wie von der Natur vorgesehen, nicht durchlebt wurden, weil sie hier noch nicht das Bewusstsein dafür hatte und durch unsere gesellschaftlichen Anforderungen einfach nicht dazu in der Lage war, dann erkennt sie dies vermutlich in ihrer Menopause und wird diese Zeit noch einmal im „Schnelldurchlauf“ (wobei dies durchaus auch einige Jahre dauern kann) durchleben. Sie wird die Verletzungen und den Schmerz den man ihr im Laufe ihrer ersten Lebenshälfte zugefügt hat fühlen und so häufig eine „Achterbahn“ der verschiedensten Gefühle durchlaufen, aber dadurch hat sie eine Chance diese Verletzungen zu transformieren. Deshalb ist es so wichtig, dass eine Frau in der Menopause dafür Zeit zur Verfügung hat und gesellschaftlich nicht gezwungen wird diese natürliche und sehr wichtige Phase erleben zu können. Sie darf sich dann nicht mit einem Job und seiner frauenfeindlichen Arbeitszeiten ablenken, oder sich Gruppen (Religion, verschiedene esoterische und spirituelle Richtungen) anschließen, die sie nur weit weg von sich selbst bringen, auch nicht ihren Süchten nachgehen, die sie davon abhalten in die Tiefe einzutauchen. Im Grunde wäre dies eine Zeit, in der jede Frau sich in eine einsame Hütte zurückziehen und am besten autark leben sollte, um diese Phase in ihrem Leben vollkommen bewusst durchlaufen zu können. Die ganzen weisen Frauen, die man in den Märchen zu Hexen machte, waren nach meinem Gefühl und meiner eigenen Erfahrung, jene Frauen, die diese Phase bewusst und alleine durchleben mussten. Sie zogen sich in die Einsamkeit des Waldes zurück, um hier selbstbestimmt und autark zu leben. Für die Bevölkerung war sie eine seltsame Frau, vor der man Angst hatte. Die meisten Frauen gehen diesen Weg nicht, vermutlich, weil sie ihn fürchten, sonst wäre der Wald voll von Hütten in denen Frauen ihre Menopause verbringen würden- die Furcht vor der Einsamkeit, aber auch die Furcht sich mit den eigenen Tiefen konfrontiert zu sehen. Da dies eher wenige Frauen tun und nur jene die das Bedürfnis haben auf die Natur zu hören und nach ihr zu handeln, wurden sie dann von ihren Mitmenschen gemieden. Sie kamen in der Einsamkeit mit ihrer inneren Weisheit in Berührung und erinnerten sich daran, dass die Natur Fülle ist und diese Fülle nutzten sie. Oft sammelten sie Wildkräuter und halfen Menschen damit, die sie in ihrer Not aufsuchten, um Krankheiten zu überwinden. Meist lebten Tiere mit ihr in der Einsamkeit und sie entwickelte tiefe Beziehungen zu ihnen. Die Hexen in den Märchen werden meist in Begleitung von einer Katze und/oder einem Raben beschrieben, beides sehr weise und intelligente Tiere.…..

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es die Natur so eingerichtet hat, dass Frauen in der Menopause, sich ihrem Inneren widmen und sich bewusst aus der Menschenwelt zurückziehen müssen, um die Weisheit der Natur zu erfahren und ihre Verletzungen zu heilen. Annähernd erfahre ich das, was die weisen Frauen in den Märchen erlebt haben müssen selbst, auch wenn ich noch nicht in einer einsamen Hütte im Wald und autark lebe. Ich hasse es regelrecht in einen Supermarkt zu gehen, um einzukaufen, die vielen Menschen machen mir richtig zu schaffen und ich bin jedesmal froh, wenn ich wieder zu Hause bin. Jetzt im Winter ist es wenigstens einigermaßen still, aber ich fürchte das Frühjahr und den Sommer mit dem Lärm der Rasenmäher und die umtriebigen Menschen.

So habe ich jetzt beschlossen mir in diesem Jahr einen Weg zu suchen, wie ich meine tiefe Sehnsucht nach einem autarken Leben in der Einsamkeit verwirklichen kann. Ich habe genug von Konsum, von der Hektik, von den Zwängen, von dem engen Korsett in das man unweigerlich gezwängt wird, wenn man hier lebt. Freiheit, das gibt es nicht. Klar, wir können reisen wohin wir wollen, aber solange wir in diesem System leben sind wir nicht frei. Wir können nicht selbstbestimmt entscheiden, was wir tun, sondern bekommen alles vorgefertigt aufgezwungen. Ich verbringe Stunden mit Büchern, über Menschen die zu indigenen Völkern gereist sind und was sie über das Leben in der Natur berichten. Diese Menschen scheinen einfach nur glücklich zu sein, obwohl sie nichts (also in unserem Verständnis) besitzen. Ich frage mich warum sie glücklich sind? Die Antwort ist simpel: sie leben mit der Natur und in ihrem Rhythmus. Sie wissen, dass sie alles haben, was sie brauchen und sie selbst entscheiden können, was sie tun.

Wenn ich schreibe und kreativ sein kann macht mich das auch glücklich und warum? Weil ich hier auch frei entscheiden kann was ich tue. Für ein autarkes Leben benötigt man ebenso viel Kreativität und Entscheidungsfreiheit. Das ist es was ich brauche! Wirklich, seit zehn Jahren ist diese Sehnsucht so stark, dass ich erst Ruhe haben werde, wenn ich mir diesen Wunsch erfülle, davon bin ich überzeugt. Anläufe gab es schon einige und jedesmal wenn ich umgezogen bin, bin ich erst einmal eine Weile ruhig, bis die Sehnsucht mich wieder auf ein neues packt. So wie jetzt.

Wenn du liebe Leserin,lieber Leser, eine Idee für mich hast, wie ich meiner Sehnsucht einen Schritt näher kommen kann, dann schreibe mir doch. Ich würde mich freuen.

Deine Jutta